13. September 2012

Carena Schlewitt: „Was braucht die Kulturstadt Basel jetzt sofort?

#Wahlen

«Kulturstadt Jetzt!» ist ein Slogan, der in die Irre führt. Basel kann sich wahrlich nicht über zu wenig Kunst und Kultur beklagen. Die Kultur Basels ist zwischen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft angesiedelt. Dieses Spannungsfeld zu verstehen und zu nutzen, halte ich für eine der dringlichsten Aufgaben. Über das Verhältnis gilt es neu nachzudenken, die Gewichtungen zu überprüfen. Dazu gehören auch die Befragung der Tradition sowie die ständige Überprüfung, was nimmt man aus der Vergangenheit mit in die Zukunft.

Basel ist eine Kulturstadt, aber nach meinem Eindruck ruht man sich zu sehr auf den bisherigen Errungenschaften aus – angefangen von der Zeit des Humanismus bis hin zur Moderne. Es braucht in allen künstlerischen und kulturellen Bereichen die Frage nach der Zukunft der Stadtgesellschaft Basel – aus der Perspektive der Vergangenheit und mit einer zeitgenössischen, sehr heutigen Position. Mir fehlt in vielen Debatten die Bestimmung dieser zeitgenössischen Position: einmal Basel aus der Basler Perspektive und ergänzend mit einem Blick von «aussen» – national und international.

Es geht nicht darum, in Basel alles zu haben, was in anderen Städten auch vorhanden ist. Es geht darum, Basel in seiner Grösse, in seiner sozialen, regionalen und kulturellen Besonderheit zu verstehen und das vorhandene Potential in Richtung Zukunft zu denken. Wir leben in einer vernetzten Gesellschaft, deren Knotenpunkte sich ständig ändern können – dieses Bewusstsein von Entwicklung und Bewegung gilt es auch in der Kunst und Kultur ernst zu nehmen. Basel definiert sich im Einzelnen als Musikstadt, Stadt der Bildenden Kunst, Theaterstadt, Architekturstadt, Popstadt, Kreativstadt etc. Es geht um die Verknüpfungen, die Unschärfen, die Potentiale, aus denen Neues entsteht.

Ich wünsche mir mehr Bereitschaft, Risiken einzugehen, sich nicht mit der Vergangenheit und in der Gegenwart nach allen Seiten abzusichern. Dafür muss Basel noch stärker zu einem Produktionsort verschiedener Formen von Kunst und Kultur werden. Es gilt, die vorhandenen Potentiale zu nutzen. Die reichlich vorhandenen Präsentations-Plattformen brauchen ein Produktionsgegengewicht. Scheitern muss erlaubt sein.

Die Kulturstadt Basel braucht ein Bewusstsein von ihrer Gegenwart und ihrer möglichen Zukunft, dann werden auch die Debatten über Freiräume, Institutionen, Bewilligungswesen, Kunstformen etc. nicht als Einzelfälle diskutiert, sondern in einem städtischen gesellschaftlichen Zusammenhang gesehen.

Carena Schlewitt, Direktorin Kaserne Basel