05. September 2012

Roger Thiriet: Was braucht die Kulturstadt Basel jetzt sofort?

#Wahlen

Es geht los mit der Kolumne auf Kulturstadt Jetzt. Und zwar Prominent! Roger Thiriet, kritischer Zeitgeist, langjähriger Medienschaffender und Präsident der Stiftung Kabelnetz antwortet auf die Frage:

Was braucht die Kulturstadt Basel jetzt sofort?

Wer heutzutage eine Stadt kulturell auf Vordermann bringen will, lässt sie von der EU zur «Kulturhauptstadt Europas» küren. Das begehrte Label wertet das Kulturleben einer Stadt so rasch und nachhaltig auf wie ein Ausrichten Olympischer Spiele deren Infrastruktur. Nun hatte das Europa des 15. Jahrhundert noch kein derartiges Kulturgütesiegel zu vergeben. Dafür im Kirchen-Konzil zu Basel (1431 – 1449) einen Grossanlass, welcher der vom 1356er-Erdbeben gebeutelten Stadt zu neuer Blüte und internationalem Ansehen verhalf. Zudem erlaubte Konzils-Sekretär Piccolomini anno 1460 als Papst Pius II. den Baslern die Gründung einer Universität. Und um den Papierbedarf des Langzeit-Konzils und der Uni zu decken, bauten die Basler die ersten Papiermühlen der Schweiz.

In der Folge verlegten Geistesgrössen aus halb Europa wie Erasmus von Rotterdam ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ans Rheinknie. Basel wurde zur Hochburg des Verlagswesens und des Druckereigewerbes und zur Stadt des Buches. Mit dem 1488 gegründeten Schwabe-Verlag ist der älteste Buchverlag der Welt in Basel ansässig. Auch im Buchhandel gingen wichtige Innovationen von Basel aus. Buchhändler Willy Jäggi eröffnete im letzten Jahrhundert in Basel den ersten Taschenbuchladen, führte neue Präsentations- und Verkaufskonzepte ein und spielte in der Einführung der EDV im Buchhandel eine Pionierrolle im gesamten deutschen Sprachraum.

Es war also das Buch, das nach der Epoche des «finsteren Mittelalters» den kulturellen Wiederaufschwung Basels einleitete und das Fundament für die spätere «Kulturstadt» legte. Diesem ältesten Kulturgut unserer Stadt zollte die «BuchBasel» bis letztes Jahr populären und von Fachwelt, Politik und Publikum honorierten Tribut. Und nun will sich diese Stadt plötzlich keine Messe mehr leisten können für jenen Kulturzweig, der ihre kulturelle Ausstrahlung begründet hat?

Die Kulturstadt Basel braucht wieder eine Buchmesse. Jetzt. Sofort.

Roger Thiriet, Medienschaffender